Kundgebung am Tag der Menschenrechte 2006 in Karlsruhe





Redner: Franzjörg Krieg
1. Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg
Sprecher Gruppe Karlsruhe
 
Redner: Dietmar Nikolai Webel
Bundesvorstand Väteraufbruch für Kinder e.V.
 
 

 

 
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Redner: Peter Tholay
 

Redebeitrag Jürgen Griese

"Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich", so beginnt Artikel 7 der Menschenrechtskonvention, die heute vor genau 58 Jahren in Kraft trat.

Die Gleichheit vor dem Gesetz finden wir aber nicht nur in der Menschenrechtskonvention, sondern auch in unserem Grundgesetz. Dort ist die Gleichheit vor dem Gesetz sogar höher angesiedelt: Man findet ihre Definition bereits in Artikel 3 Absatz 1 - wortgleich mit dem Artikel der Menschenrechtskonvention.

Der 3. Absatz des gleichen Artikels wird sogar noch etwas genauer: "Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse ... usw. ... benachteiligt oder bevorzugt werden".

Jeder von uns hat dieses elementare Recht bereits in der Schule gelernt.

Für die meisten von uns ist es unvorstellbar, dass dieses Recht heute, 57 1/2 Jahre nach Inkrafttreten unseres Grundgesetzes und 58 Jahre nach Inkrafttreten der Menschenrechtskonvention, im deutschen Familienrecht, vor allem aber in der Familienrechtssprechung, nur wenig Beachtung findet.

Wir, die wir hier versammelt sind, haben den Schock, den insbesondere Väter erfahren, wenn sie das erste Mal in die Familienrechtswirklichkeit hineinkatapultiert werden, bereits hinter uns und kämpfen noch mit den Folgen.

Mindestens jeder zweite Vater hat sie noch vor sich.

Andere haben sie nicht verkraftet und haben einen Schlussstrich unter ihr Leben, manchmal auch unter das ihrer Expartnerin und sogar der eigenen Kinder gezogen.

Ein paar Beispiele. Fangen wir mit dem Familienrecht an:

§ 1626a BGB macht die elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern allein vom Wohlwollen der Mutter abhängig. Hier zählt nicht der Einzelfall, geschweige denn das Kindeswohl, hier zählt einzig und allein das Geschlecht! Zuletzt bestätigt vom Bundesverfassungsgericht im Januar 2003.

Apropos Kindeswohl:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Diesen Satz kennt jeder. Es handelt sich hierbei um den ersten Satz des ersten Absatzes des ersten Artikels unseres Grundgesetzes. Die Väter unseres Grundgesetzes stellten die wichtigsten Artikel ganz vorne an. Je weiter vorne ein Artikel steht, desto höher ist seine Bedeutung. Die Würde des Menschen hat demnach eine zentrale Bedeutung!

Unser Familienrecht ist im BGB geregelt. Die im Scheidungsrecht relevanten Artikel findet man in den Titeln 3 bis 5 des zweiten Abschnitts des 4. Buches. Sie gliedern sich folgendermaßen:

Ganz vorne Unterhaltspflicht. Ganz hinten, im vorletzten von knapp 100 Paragrafen das Kindeswohl!

Nach den Maastricht-Kriterien soll geschiedenen Eltern zum Wohle ihrer Kinder grundsätzlich die gemeinsame elterliche Sorge zustehen. Das wird bei uns in § 1626 BGB auch geregelt. Dieser Paragraf geht sogar so weit, dass er die Sorgepflicht vor das Sorgerecht stellt. Mit diesem Paragrafen erfüllt Deutschland in vollem Umfang die Maastricht-Kriterien ...

... um sie gleich wieder mit dem § 1631 BGB, der das Aufenthaltsbestimmungsrecht definiert, auszuhebeln!

Denn über dieses Aufenthaltsbestimmungsrecht erhalten unverhältnismäßig viele Mütter wieder die Kinder zugesprochen. Auch Mütter, die den eigenen Kindern den Kontakt mit ihrem zweiten Ich, ihrer zweiten Wurzel, mit ihrem Vater unterbinden.

Während das Familienrecht jedoch nur an wenigen Stellen sexistisch und ansonsten eher geschlechtsneutral abgefasst ist, erleben sehr viele Väter die Familienrechtssprechung, und mit ihr ihre Helfershelfer, wie nicht wenige Jugendämter, Familienrechtsanwälte, Gutachter, etc. als väterfeindlich - natürlich zum Wohle der Kinder!

Seit 1998 gibt es bei Ehescheidungen das alleinige Sorgerecht nur auf Antrag. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2000, also 2 Jahre nach der Kindschaftsrechtsreform, die die gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall vorsieht, 87.630 Ehen mit Kindern geschieden. In knapp 31% der Fälle wurde ein Antrag auf alleiniges Sorgerecht gestellt:

Zwei Jahre später, also 2004, wurden 98.804 Ehen mit Kindern geschieden (Anstieg um knapp 13%). Die Zahl der Anträge auf ein alleiniges Sorgerecht ging zwar von 31% auf 14% zurück, jedoch hat sich bei diesen Fällen an der Verteilung des alleinigen Sorgerechts kaum etwas geändert: Natürlich sagen die Zahlen nichts über die Gründe aus, warum das alleinige Sorgerecht beantragt oder vergeben wurde. Jedoch kann man aus den Zahlen schließen, dass eine Mutter auch heute noch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass ihr auf Antrag das alleinige Sorgerecht zugesprochen wird. Oder anders ausgedrückt, dass dem Vater das gemeinsame Sorgerecht aberkannt wird.

Wir haben gehört, das § 1626 BGB die Sorgepflicht vor das Sorgerecht stellt. Vätern wird zwar das Sorgerecht entzogen; sie werden paradoxerweise aber nicht von ihrer Sorgepflicht enthoben. Wegen dem Sorgerechtsetzug können sie ihrer Sorgepflicht aber nicht nachgehen und verstoßen demnach faktisch gegen § 1626; sie begehen also auch einen Rechtsbruch.

Jedoch, was ist das im BGB festgeschriebene Sorgerecht eigentlich wert?

Wir haben gehört, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht das Sorgerecht wieder aushebelt.

Das wiederum führt dazu, dass es einige wenige Väter gibt, denen zwar das Sorgerecht entzogen wurde, die das gemeinsame Sorgerecht dank der Gnade ihrer Ex-Frau aber faktisch ausüben. Zu diesen eher sehr seltenen Vätern zähle auch ich.

Dagegen gibt es sehr viele Väter, die zwar auf dem Papier das gemeinsame Sorgerecht haben, aber faktisch keine Chance haben, ihre Kinder auch nur zu sehen. Dieser massive Rechtsbruch findet aber keine Ahndung, was wiederum dazu führt, dass noch mehr Menschen - beiderlei Geschlechts(!) - zu Rechtsbrechern werden.

In manchen Fällen wird dieser Rechtsbruch nicht nur nicht geahndet, schlimmer noch, er wird gelegentlich von Familienrichtern auch noch gefördert. So lautet beispielsweise ein Urteil: "Wenn die Mutter behauptet, dass sie nicht möchte, dass der Vater das Kind sieht, weil es ihr dann schlecht ginge, darf er das Kind nicht mehr sehen. Begründung: Wenn es der Mutter schlecht geht, geht es auch dem Kind schlecht. Und das ist schlecht für das Kindeswohl, und darum entfällt das Recht des Vaters auf Umgang"

Ich glaube nicht, dass dieser Richter § 1684 BGB kannte, der das Recht des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen in den Vordergrund stellt.

Nebenbei: nicht nur das Kind hat ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen, auch andere Bezugspersonen, wie z.B. Großeltern, haben nach § 1685 BGB ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Ein Richter legte dieses Recht so aus:

"Der Umgang des Antragstellers (es handelte sich hierbei um einen Großvater) mit seinen Enkelkindern ... wird wie folgt geregelt: Die Antragsgegnerin hat dem Antragssteller jeweils zu Weihnachten eines jeden Jahres ein aktuelles Farbfoto der beiden Enkelkinder kostenfrei zu übersenden".

Und wie sieht es in den wenigen Fällen aus, in denen Väter faktisch das alleinige Sorgerecht ausüben? (lassen wir hierbei mal die Fälle weg, in denen Väter den Umgang der Kinder mit den Müttern boykottieren - denn auch diese gibt es):

Diese Beispiele habe ich nicht nur selbst erlebt; erst vor kurzem wollte ein Familiengericht und ein Jugendamt einer Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen, obwohl das gemeinsame Kind seit mehr als 3 Jahren beim Vater wohnt - und das bereits in der ersten Verhandlung!

Der 11-jährige Sohn hatte sich vom Wohlstand des neuen Lebenspartners der Mutter blenden lassen und wollte, nach einigen Überredungskünsten der Mutter, in den 60 km weit entfernten Haushalt der Mutter wechseln. Und genau dieser Wohlstand war auch die Begründung des Richters.

Erst, als der Sohn sich von seinen Klassenkammeraden hätte verabschieden müssen, ist ihm aufgefallen, was er für das bisschen Wohlstand hätte aufgeben müssen. Er blieb von sich aus beim Vater.

Weder Richter noch Jugendamt sind ihrer Pflicht nachgekommen, dem Kind zu helfen.

Im umgekehrten Fall, wenn also ein Kind vorgibt, in den Haushalt des Vaters wechseln zu wollen, haben weder Kind noch Vater auch nur ansatzweise eine Chance.

"Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse ... usw. ... benachteiligt oder bevorzugt werden".

57 1/2 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, 58 Jahre nach Inkrafttreten der Menschenrechtskonvention und 61 Jahre nach dem Ende einer Schreckensherrschaft, die Menschen wegen dem Merkmal ihrer Abstammung und Rasse diskriminiert, ja sogar verfolgt und getötet hat, wird nicht selten in der deutschen Familienrechtssprechung zur Rechtsfindung - faktisch - das Merkmal des Geschlechts herangezogen.

Ich fordere daher den Berufsstand der Familienrichter auf, endlich bestehende Gesetze ihrem Sinn nach anzuwenden und nicht sie zur Begründung eigener Werte- oder Moralvorstellungen heranzuziehen. Denn dafür wurden sie nicht im Auftrag unseres Volkes verfasst.

Die Präambel der Menschenrechtskonvention geht u.a. darauf ein, warum die Völker und Nationen sich auf die Konvention geeinigt haben, nämlich weil: "die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen."

Ich hoffe, dass die Verantwortlichen den heutigen Gedenktag der Menschenrechte dazu nutzen werden, sich diese Präambel wieder ins Bewusstsein zu rufen und sich ihrer Verantwortung klar werden.

Vielen Dank.