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Schwarzwälder Bote
Mittwoch, 24. Dezember 2003


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Themen der Zeit
Väter im Streit um das Sorgerecht

Viele Väter besitzen nach der Scheidung nur noch die Fotos oder die Erinnerung an ein nun zerbrochenes Familienidyll. Zurück bleiben Trennungskinder, die zum Streitobjekt werden. Muss ein Gericht über das Sorgerecht entscheiden, bezichtigt fast jede dritte Mutter den Vater, das Kind, sexuell missbraucht zu haben.

Was bleibt, sind abgeriffene Fotos der Kleinen

Im Verein "Väteraufbruch" organisieren sich Papas ohne Sorgerecht / Studie: Kontakt zu beiden Elternteilen ist entscheidend

Von Eva-Maria Huber
Villingen-Schwenningen.
Zwei Kindergesichter lachen auf einem Bild, das an einer Wohnzimmerwand hängt. Mittlerweile kann Jürgen Griese aus Villingen-Schwenningen die Fotos wieder anschauen, ohne dass er Schmerz und Wut empfindet. Er gehört zu jenen Trennungsvätern, die ihre Kinder immerhin alle 14 Tage ein ganzes Wochenende lang sehen dürfen. Andere, die Hilfe beim bundesweit agierenden Verein "Väteraufbruch" suchen, bekommen einen Kloß im Hals, wenn sie von geregelten Besuchszeiten hören. Der Verein ist eine Anlaufstelle für Väter mit bitteren Erfahrungen nach der Trennung.

Auf alarmierende Zahlen verweisen betroffene Väter, Familienrechtler und andere Fachleute: Nach der Trennung sehen 80 Prozent aller Kinder ihre Väter nicht mehr oder nur noch sehr selten. Professor Proksch, Präsident der evangelischen Fachhochschule Nürnberg, hat im Auftrag der Bundesregierung eine Studie über Scheidungskinder und -eltern in Deutschland veröffentlicht und Alarmierendes herausgefunden: Über 40 Prozent der nur zum Besuch berechtigten Mütter und Väter haben seltenen oder gar keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern. Die alleinige Sorge führe in hohem Maße zu einer Ausgrenzung des Elternteils, der nur ein Umgangsrecht, aber kein Sorgerecht für seine Kinder hat.

Besonders schlimm ist laut der Studie, dass bei rund einem Viertel der Eltern mit einseitigem Sorgerecht der Kontakt des anderen Elternteils zu den Kindern bereits nach der Trennung oder Scheidung völlig abgebrochen sei. Für Proksch sind dies Fakten, die belegen, wie das Recht der Kinder beschnitten wird.

Vom abgerissenen Kontakt sind meist Väter betroffen. Wenn die Männer von "Väteraufbruch" über ihre Töchter und Söhne reden, kommen Emotionen hoch: Wut, Verzweiflung, Frust. Gefühle, die bis vor einigen Jahren noch verstärkt wurden, da die Männer, die um Sorge- oder Umgangsrecht ihrer Kinder kämpften, wie gegen eine Mauer von Vorurteilen liefen.

Doch, Jürgen Griese weiß mittlerweile aus Erfahrung: Es mieft nicht mehr so stark nach Diskriminierung in den Amtsstuben. Auch in den Gerichtssälen scheint sich der Wind zugunsten der Väter zu drehen. Immer mehr Richter konzentrieren sich nicht mehr allein auf die Interessen der Mutter, die angeblich jenen der Kinder entsprechen, sondern nehmen auch die Belange der Männer ernster.

Mamas bekommen fast 13 Mal häufiger als die Gatten das Sorgerecht

Vielleicht, so Griese, habe es sich mittlerweile auch bei den Juristen herum gesprochen, welch teils schwerwiegende Folgen es haben könne, wenn Kinder gezwungen werden, ohne den Vater aufzuwachsen. Gemeint sind die Neigung zu Gewalt, zu Drogen oder zum Suizid.

In Deutschland gibt es 1,7 Millionen Trennungs- und Scheidungskinder. 2001 wurde laut Statistischem Bundesamt 15 339 Müttern das Sorgerecht übertragen; dieses Recht bekamen dagegen lediglich 1191 Väter zugesprochen.

Juraprofessor Proksch unterstützt "Väteraufbruch". Nach Abschluss seiner Studie formuliert er eine Forderung an den Gesetzgeber: Das Recht der Kinder auf beide Eltern und auf den Umgang mit Vater und Mutter muss wirklich durchgesetzt werden.

Die Gruppe Väteraufbruch, die sich alle zwei Wochen trifft, hilft Männern nicht nur dabei, ihre Erfahrungen zu verarbeiten. Der Verein tritt auch in die Öffentlichkeit: Mit deutschlandweiten Aktionen und Publikationen weisen sie auf ihre Situation hin. Ein positives Echo ist ihnen meistens sicher: "Oft kommt Resonanz von Frauen", erzählt Griese.

"Wir sind wohl der einzige Verein, der sich am liebsten auflösen würde", meint Griese sarkastisch.

Mit Sarkasmus allein lässt sich wohl vieles ertragen, was die Männer einstecken müssen. Viele Männer stehen hilflos da, wenn Partnerinnen gestehen: "Ich liebe dich nicht mehr." Selbst wenn es in der Beziehung nichts mehr zu kitten gibt, so der Kinderschutzbund, sei es "für die psychische und physische Entwicklung eines Kindes wichtig, dass Kinder nach einer Trennung beide Elternteile sehen".

Gewalttätige Mütter in der Gesellschaft zunehmend kein Tabuthema mehr

Das Baby, das blaue Flecken am Körper hat; das kleine Mädchen, dem fast der Arm ausgekugelt wurde, weil es "unartig" war: Das einstige Tabuthema, gewalttätige Mütter, wird immer öfter in der Öffentlichkeit angesprochen: "Wenn Mütter zuschlagen", erzählt ein Geschäftsmann, "dann nennt man das Erziehung; bei uns ist es Neigung zu Gewalt." Trotz der "Entgleisungen" blieben die Kinder häufig bei der Mutter.

Mitarbeiter des Kinderschutzbundes wissen, wie häufig der Trumpf im Machtkampf um die Kinder gezogen wird: Väter sehen sich, in den meisten Fällen völlig ungerechtfertigt, dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs ausgesetzt. "So kann man jeden Mann entsorgen", meint Ekkehard Rohrbach und denkt an einige Männer, die sich das Leben nehmen wollten. Keine Einzelfälle. Jürgen Griese beschreibt: "Wenn einem das Kind genommen wird, ist das, als ob man einem das Herz heraus reißt."

Die Männer aus der Selbsthilfegruppe, die früher ihre Kinder wickelten und die Haushaltsarbeiten erledigten, sie teilen ihre Probleme: Termine mit der Ex-Frau und den Kindern, die nicht eingehalten werden, Türen, die nicht geöffnet werden und einsame Sonntagnachmittage.

"Wenn die Frau nicht mitspielt", erzählt Aribert Hoch, "ist auch bei einem gemeinsamen Sorgerecht nichts zu machen." Wie lange er seine Kinder schon nicht mehr gesehen hat? Monate! Er lacht nicht.
Frau weg - Geld weg
Nebenjobs finanzieren den Unterhalt

Vlllingen-Schwenningen.
Mittlerweile wird fast jede zweite Ehe wieder geschieden. Oft folgt der finanzielle Ruin. "Ich wurde geschröpft wie eine Weihnachtsgans", klagen viele Männer, wenn sie die Scheidungsmühlen durchlaufen haben. Der Villinger Rechtsanwalt Joachim Milani, Experte für Familienrecht, bestätigt das: "Bis zu 80 Prozent der Klienten fallen unter die Rubrik Mängelfälle". Ihr Einkommen ist so gering, dass nichts mehr zu holen ist.

Geschiedene pausiert - der Partner zahlt

Während Männer für die Ex-Frau Unterhalt bezahlen müssen, kann diese vorübergehend von ihrem Beruf pausieren, bis die Kinder aus der Grundschule sind.

"Nach der Scheidung musste ich das Haus verkaufen", berichtet ein Mitglied von Väteraufbruch. Zwar müssen dem Mann laut Gesetz mindestens 840 Euro nach allen Zahlungen zum Leben bleiben. Die Rechnung geht aber nur auf, wenn der Betroffene 1280 Euro im Monat nach Hause bringt und nicht zudem für die Ex-Frau Unterhalt zu zahlen hat. Meldet, wie in den meisten Fällen auch die Frau Ansprüche, wird's eng. Oft hilft nur ein Nebenjob.

Der Nürnberger Juraprofessor Proksch kam in seiner Studie über Kinder aus Trennungsehen zu Ergebnissen im Bezug auf die Unterhaltszahlungen. "Wir konnten nachweisen, dass das gemeinsame Sorgerecht zu zuverlässigen Unterhaltszahlungen führt." Er ermittelte eine fast 100-prozentige Zahlung.
In jeder vierten Familie fehlt der Vater

Die Anzahl der Kinder, die ohne Vater aufwachsen hat Autor Matthias Matussek für das Jahr 2001 zusammengefasst. Demnach lebt etwa jede vierte Familie ohne Vater. 1,7 Millionen Kinder haben getrennte Eltern, jährlich kommen rund 150 000 Kinder hinzu. Etwa ein Drittel aller Kinder sind zum Zeitpunkt der Trennung jünger als drei Jahre.
Wenn Kinder ihre Mütter anspucken
Allein erziehende Männer neigen weniger zu Wutanfällen

Villingen-Schwenningen.
Der Autor Matthias Matussek zeichnet in seinem Buch "Die vaterlose Gesellschaft" nicht nur ein erschütterndes Mosaik über die Situation vieler Väter nach einer Trennung. Er verweist auch auf Studien: Sie berichten von alarmierenden Tendenzen in den USA.

Demnach stammen aus vaterlosen Familien 63 Prozent der jugendlichen Selbstmörder, 71 Prozent der schwangeren Teenager sowie 85 Prozent aller jugendlichen Häftlinge. Ohne Vater wuchsen auch 71 Prozent aller Schulabbrecher und 75 Prozent aller Unter-18-Jährigen in Drogenentzugszentren auf. Zudem, zitiert Matussek die Ergebnisse einer Studie des Sozialforschungsinstitutes Kopenhagen, neigten allein erziehende Väter weniger zu Wutanfällen und seien toleranter. Ein weiteres Phänomen, das Sozialarbeiter entdeckten: Allein erziehende Mütter seien oft ratlos und hätten Angst vor ihren Kindern. Neunjährige, die ihre Mutter treten und bespucken, seien keine Ausnahme mehr, berichtet der Leiter eines Jugendheimes.

Vor allem Kinder allein erziehender Mütter fielen durch Aggressivität auf. In Gesprächen kam man einer möglichen Ursache auf die Spur: Mütter mit wenigen sozialen Kontakten, sähen in den Kindern oft einen Partnerersatz. Eine Rolle, mit der die Kinder überfordert seien. Ein Problem sei auch Erziehung nach dem Lust- und Laune-Prinzip - ohne feste Regeln.
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