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Die Rheinpfalz
Dienstag, 13. März 2001

Wer wenig verdienst, muss mehr zahlen

Neue Unterhaltsregelung für Kinder erbost Väter - Ministerium verweist auf Anspruch des Nachwuchses auf Existenzminimum

Von unserer Redakteurin Anne-Susann von Ehr

Mit dem Gesetz zur "Ächtung der Gewalt in der Erziehung" wurde zum 1. Januar 2001 auch das Unterhaltsrecht für getrennt lebende Eltern geregelt. Diese Änderung hat viele unterhaltspflichtige Personen hart getroffen, insbesondere die in den unteren Einkommensklassen. Denn ihnen kommt die staatliche Förderung durch das Kindergeld nun nicht mehr zugute. Die Konsequenz: Vor allem geringverdienende Väter müssen mehr Unterhalt für ihre Nachkommenschaft an die Ex-Frau zahlen als bisher.

Ralf Z. fühlt sich "abgezockt". Bisher hat er an seine Ex-Lebensgefährtin monatlich 700 Mark Unterhalt für seine beiden Töchter Lea und Sara überwiesen. Seit dem 1. Januar muss er aufgrund der Änderung im Kindesunterhaltsrecht 900 Mark pro Monat zahlen. "Ich musste schon bei den 700 Mark sparen", sagt der 31-Jährige, der als Dreher im Schichtdienst rund 2900 Mark im Monat nach Hause bringt. Jetzt muss er erst recht jeden Pfenning umdrehen.

"Die Leidtragenden sind meine Töchter, denn zum einen kann ich sie jetzt nicht mehr so oft zu mir holen, zum anderen muss ich mir vorher genau überlegen, ob wir uns einen Zoo- oder Kinobesuch leisten können." Lea und Sara wohnen zirka 200 Kilometer entfernt von ihrem Vater. Wenn Ralf Z. seine beiden Mädchen einmal im Monat an einem Wochenende zu sich holt, bedeutet das 800 Kilometer Fahrt und Ausgaben für rund zwei Tankfüllungen.

Mit der Änderung des Unterhaltsrechts für getrennt lebende Eltern verband die Bundesregierung die Absicht, die finanzielle Situation der Kinder zum allein Erziehenden zu verbessern. "Das Kindergeld soll dort ankommen, wo das Kind ist", also in der Regel bei der allein erziehenden Mutter, sagt eine Sprecherin des Familienministeriums. Für die Unterhaltssituation vieler Kinder stelle dies also eine erhebliche Verbesserung dar.

Doch die geänderte Unterhaltszahlung geht zu Lasten der Menschen, die ohnehin jeden Monat wenig Geld zur Verfügung haben. Vor allem Väter, die weniger als 2400 Mark netto im Monat verdienen, müssen durch die Gesetzesänderung deutlich mehr Kindesunterhalt zahlen als bisher. Aufgrund der Änderung bekommt der Unterhaltspflichtige, der lediglich einen Betrag unter dem Existenzminimum des Kindes zahlt, nicht mehr die Hälfte des Kindergeldes angerechnet. Dieses Minimum ist festgelegt auf 135 Prozent des Regelbetrags, das heißt für Kinder bis fünf Jahre 480 Mark. Nur Väter, die ein Einkommen von 3900 Mark und mehr haben, bleiben von der neuen Regelung verschont und zahlen so viel wie bisher.

Die Rechnung mit dem Kindergeld

Maßstab für die Berechnung ist die so genannte Düsseldorfer Tabelle, die die Höhe des Kindesunterhalts regelt. In ihr sind 13 Einkommensgruppen aufgeführt, angefangen mit der Gruppe der Geringverdiener, die ein Nettoeinkommen von weniger als 2400 Mark im Monat haben, bis hin zu den Spitzenverdienern mit 8000 Mark und mehr.

Bislang konnte sich jeder, der für sein Kind aufkommen muss, die Hälfte des Kindergeldes von 270 Mark für das erste Kind bei seinen Unterhaltszahlungen anrechnen lassen, weil dieses Geld grundsätzlich Vater und Mutter zusteht. Denn das gesamte Kindergeld wird an den Elternteil ausgezahlt, der das Kind erzieht. Nun müssen manche Väter tiefer in die Tasche greifen.

Mit dieser "sozialen Schieflage" wollte sich Ralf Z. nicht abfinden und schloss sich dem Verein "Auch Väter haben Sorgen" an, der sich Anfang Januar bildete. Zusammen mit "Väteraufbruch" will die Gruppierung betroffener Väter nun Verfassungsklage einreichen. Erbost sind Väter wie Ralf Z. auch darüber, dass diejenigen allein erziehenden Mütter, die neben dem Unterhalt für ihre Kinder noch ergänzende Sozialhilfe beziehen, durch die Änderung finanziell nicht besser gestellt werden. Denn das Kindergeld wird bei der Sozialhilfe angerechnet. Von den höheren Zahlungen der Väter profitieren also die Sozialämter, weil sie dadurch weniger Sozialhilfe zahlen müssten - pro Jahr mehrere Hundert Millionen Mark.

Das Jugendamt der Stadt Ludwigshafen beispielsweise betreut 2600 Unterhaltsfälle. Davon seien 1600 von dieser Änderung betroffen, teilte das Jugendamt mit. Knapp ein Drittel der betroffenen Väter hat sich bei der Behörde gemeldet und die Urkunde unterschrieben. Den etwa 1000 Vätern, die bis Ende Februar nicht freiwillig die Änderung unterzeichnet haben, wird vom Gericht der Unterhaltstitel nach der neuen Regelung umgestellt. Dagegen unternehmen können die Väter nichts - das Gesetz ist beschlossen.

Beim Mainzer Familienministerium trafen bisher nur vereinzelte verärgerte Reaktionen auf die Unterhaltsrechtsänderung ein. Ministeriumssprecher Rüdiger Schlaga kann in der neuen Regelung keine soziale Ungerechtigkeit erkennen: "Es geht hier um das Wohl der Kinder." Der bisherige Regelunterhaltsbedarf sei schlichtweg unterfinanziert und zum Nachteil der Erziehungsberechtigten gewesen. Schlaga hat für das Lamentieren mancher Väter kein Verständnis: "Kinder sind nun mal kein Hobby und kosten Geld."

Das weiß auch Ralf Z., trotzdem gesteht er: "Ich stehe kurz davor, alles hinzuwerfen und Sozialhilfe zu beantragen. Dann kann es mir auch nicht schlechter gehen als zurzeit..."

KONTAKT
Verein "Auch Väter haben Sorgen", Telefon 0171/7147177

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