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BZ (Badische Zeitung?)
Samstag, 08. Februar 1997

Väter drücken sich vor Unterhaltszahlungen: Jetzt dürfen sie über die Flensburger Kartei gesucht werden

Alimente zahlen? Nein danke!


Immer mehr Unterhaltspflichtige, und das sind in aller Regel die Väter, zahlen keinen Pfennig für ihre nicht bei ihnen lebenden Kinder. Immer häufiger müssen deshalb die öffentlichen Kassen den Unterhalt vorschießen. Vater Staat - fast 500 000 Kinder in der Bundesrepublik können diesen Begriff durchaus wörtlich nehmen. Für jedes dritte Kind unter zwölft Jahren, das bei nur einem Elternteil lebt, zahlen mittlerweile die Unterhaltsvorschußkassen der Jugendämter die Alimente. Knapp 1,6 Milliarden Mark, finanziert zu gleichen Teilen von Bund und Ländern, mußte "Ersatzvater Staat" allein im vergangenen Jahr vorstrecken. Fünfmal soviel wie noch vor vier Jahren. Gerade mal 13 Prozent des Geldes flossen 1995 wieder zurück.

Quer durch die Republik das gleiche Bild: Mit über 100 Millionen Mark stehen unterhaltspflichtige Väter (und einige wenige Mütter) in Berlin in der Kreide. Rund 140 Millionen werden es in Baden-Württemberg sein, auf 300 Millionen Mark dürfte es Hamburg bringen - aus Steuergeldern vorgestreckt. Zu 85 Prozent ist das Geld auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

Seit 1980 gibt es das Unterhaltsvorschußgesetz, das die Jugendämter verpflichtet, für die ausbleibenden Zahlungen von - wie es geschlechtsneutral heißt - "familienfernen Elternteilen" einzuspringen. Seitdem ist das Gesetz mehrfach erweitert worden. Die neuen Länder kamen hinzu, die Bezugsdauer wurde auf 72 Monate pro Kind verlängert, die Altersgrenze von sechs auf zwölf Jahre angehoben, der Regelunterhaltsbetrag auf maximal 324 Mark im Monat erhöht.

Keine Frage: Die Unterhaltsvorschußstellen sind eine segensreiche Einrichtung für alleinerziehende Mütter - aber auch eine Entlastung für den Geldbeutel der Väter. Vater Staat macht es ihnen leicht, ihre Verantwortung in die Gesellschaft zu entsorgen.

Dennoch: Unisono warnen die Jugendministerien vor einer pauschalen Väterschelte. Ein Teil der Väter kann einfach nicht zahlen. Sie sind neue Partnerschaften eingegangen, haben sich zusätzliche Kinder geleistet, die ebenfalls versorgt sein wollen. Dazu die steigende Arbeitslosigkeit - all das relativiert die alarmierenden Zahlen.

Nur: auch die Stichproben der Länder zeichen kein sehr schmeichelhaftes Bild. 33 Prozent der Unterhaltsvorschußkosten, so schätzt jetzt das Bundesfamilienministerium, gehen auf das Konto von "Unterhaltsentziehern". 13 Prozent der Vorschüsse werden rückwirkend eingetrieben - bleibt ein Rest von 20 Prozent, bezogen auf 1,6 Milliarden Unterhaltspflichtige sind das gute 300 Millionen Mark.

Bei zwei Dritteln der Väter, so berichten fast alle Länder, sei faktisch nichts zu holen: weil sie, anders als ihre Kinder und deren Mütter, einen Selbstbehalt von 1500 Mark (für Berufstätige) beanspruchen können und ihr Einkommen darunter liegt, weil sie arbeitslos oder sozialhilfebedürftig sind oder "nicht auffindbar".

Und was auch überrascht: Nicht so sehr die nichtehelichen Väter sind das Problem, sondern "die geschiedenen oder getrennt lebenden Familienväter sind die mit der schlechtesten Zahlungsmoral".

Seit November dürfen nun die Jugendämter Auskunft beim Zentralen Fahrzeugregister in Flensburg einholen, um die Adresse säumiger Väter zu finden. Ein Kunstgriff, der auf Erfahrung beruht. Denn fürs liebste Kind haben die meisten Väter denn doch Unterhalt übrig - fürs Auto.

VERA GASEROW

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