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Schwarzwälder Bote
Freitag, 08. November 2002

Statt der Freiheit kommt meist der große Frust

Geschiedene Väter rutschen trotz neuer Beziehung oft in Lebenskriesen / Umgangsrecht mit Kindern wirkt sich positiv aus

Von Jörg Zittlau
Er ist froh, aus der "ganzen Sache raus" zu sein, feiert seine wiedergewonnene Freiheit mit seiner neuen Lebensgefährtin und drückt sich vor Unterhaltszahlungen. Und wenn er sich tatsächlich einmal um seine Kinder kümmert, gibt er den spendablen Disneyland-Daddy, so dass die alleinerziehende Mutter anschließend Tage braucht, um die Kinder zurück auf den Boden der finanziell kargen Tatsachen zu bringen.

So ähnlich lauten die gängigen Meinungen zu Männern, die sich von ihrer Familie getrennt haben. Doch sind Scheidungsväter wirklich solche charakterlosen Monster, wie diese Vorurteile behaupten?

Wissenschaftler können dieses Horrorszenario nicht unbedingt bestätigen. Vielmehr fand ein Forscherteam unter Leitung des Bremer Soziologieprofessors Gerhard Amendt in einer Studie mit 2100 Scheidungsvätern heraus, dass diese ähnliche Probleme mit ihrer neuen Situation haben, wie ihre ehemaligen Frauen.

So gaben etwa drei Viertel der Befragten an, nach der Trennung im Berufsleben deutlich beeinträchtigt gewesen zu sein. 20 Prozent wechselten den Arbeitsplatz, und elf Prozent wurden gekündigt. Immerhin 33 Prozent gestanden, nach der Scheidung verstärkt auf den Beruf gesetzt zu haben, gewissermaßen als Verarbeitungsstrategie. Schuften statt Trennungsschmerz also - doch ob dieses Konzept auch zur Steigerung der beruflichen Leistungsfähigkeit führt, muss bezweifelt werden. Im Alltag zeigt sich nämlich immer wieder, dass Workaholics trotz ihres Fleißes nur wenig Produktives zu Stande bringen.

Auch gesundheitlich fallen viele Väter nach der Trennung von ihrer Familie in tiefe Löcher. 76 Prozent klagten in der Bremer Studie über gesundheitliche Probleme.

Selbst wenn der Wunsch, sich zu trennen, von ihnen selbst ausging, lag die Quote noch bei 70 Prozent. Die gesundheitlichen Störungen waren vorübergehend, wenn der Vater ein regelmäßiges Umgangsrecht mit seinen Kindern hatte. Doch in einigen Fällen stürzten die Männer in Alkoholabhängigkeit und tiefe Depressionen.

Beruflich und gesundheitlich ist also die Trennung von der Familie für die meisten Väter kein Schritt in die Unabhängigkeit und Freiheit.

Bleibt die Frage, ob sie es wenigstens schaffen, sich so schnell mit einer neuen Lebenspartnerin zu trösten, wie gemeinhin vermutet wird. Eine Studie der Universität Köln scheint dies zunächst einmal zu bestätigen. Demnach sind 80 Prozent der Männer bereits zehn Monate nach ihrer Trennung wieder in festen Händen.

Die Autorin Karin Jäckel behauptet jedoch in ihrem Buch "Der gebrauchte Mann" (dtv, 9,50 Euro), dass viele Männer sich nur deshalb so schnell in neue Beziehungen stürzen würden, "damit kein schiefes Licht auf ihre Qualitäten als Mensch und Liebhaber fällt". Ganz nach dem Motto: Die eine Frau habe ich verloren, doch jetzt habe ich eine neue, und die zeig' ich auch.

Verlassene Vätrer gründen ihre neuen Beziehungen weniger auf Liebe als auf dem Bedürfnis, der Umwelt zu zeigen, dass sie noch ein ganzer Mann sind. Doch für ihre neue Partnerschaft ist das eher Gift. Nicht umsonst ist die Scheidungsquote bei den Zweitehen um 40 Prozent höher als bei den Erstvermählungen - und von denen wird bereits jede Dritte geschieden.

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