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Badisches Tagblatt
Samstag, 09. November 2002

"Das Kind im familiengerichtlichen Verfahren": Fachtagung in Rastatt

Mit den Augen des Kindes sehen


Rastatt (BT) - Vertreter der Justiz, der Polizei, der Psychologie und der Behörden - alle hatten das selbe Ziel: Einander zuhören, Erfahrungen austauschen und über den eigenen Entscheidungsbereich hinausschauen. "Mit den Augen des Kindes sehen", lautete der große Anspruch einer Tagung zum Thema "Das Kind im familiengerichtlichen Verfahren".

Die eigentlich Betroffenen, Kinder und Jugendliche, waren dabei nicht anwesend, aber ihre Ansichten wurden vertreten - beispielsweise durch die Kölner Rechtsanwältin Claudia Marquardt, die für die Rechte von Kindern auch gerichtlich streitet. Sie kennt die Nöte und Bedürfnisse der Heranwachsenden, wenn eine Familie zum "Justizfall" wird, wie es in einer Pressemitteilung der Veranstalter heißt. Und sie weiß auch, das die Formel "zum Wohle des Kindes" oft unterschiedlich ausgelegt wird. Auf der Basis der Gesetzeslage und manchmal eben auch nach "Schema F".

Mit der Veranstaltung im Rastatter Mercedes-Benz-Kundencenter, ausgerichtet durch den Landesverband der Pflege- und Adoptiveltern und die Beratungsstelle Feuervogel, sollte den Teilnehmern Mut gemacht werden, aufeinander zuzugehen. Und vor allem die Frage zuzulassen: Was will das Kind?

Bei einem exemplarischen Fall war die Rede von der zehnjährigen Vera, die nach der Trennung ihrer Eltern beim Vater lebt und jahrelang nichts von ihrer Mutter hört. Als diese sich plötzlich meldet und mehr Kontakt zur Tochter möchte, lehnen Vera und ihr Vater ab. Während die Mutter einen Rechtsanwalt einschaltet und beim Familiengericht einen Antrag auf "Regelung des Umgangs" stellt, geht der Vater zum Jugendamt.

Welche Maßnahmen kann das Jugendamt ergreifen? Welche Entscheidungshilfen braucht der Richter beim Familiengericht? Welches Gutachten wäre sinnvoll? Wie kann eine kinderfreundliche Gerichtsverhandlung aussehen? Die Referenten beleuchteten, wie sie den Fall angehen würden und diskutierten mit den rund 90 Teilnehmern, die selbst oft genug in der Praxis Antworten geben müssen. Dabei, so die Mitveranstalterin Uschi Böss-Walter, sei es für alle wichtig, "Scheuklappen abzulegen und eine persönliche Haltung einzunehmen".

Die Bremer Familienrichterin Sabine Heinke und Herbert Pfunder von der Polizei-Akademie Baden-Württemberg gaben Einblick in die Arbeitsweisen von Justiz und Polizei; sie verdeutlichten aber auch, dass Gesetzestexte und Verordnungen nicht die menschliche Seite überdecken dürfen.

Damit ein Kind gar nicht erst erleben muss, dass eine Familienangelegenheit höchstrichterlich gelöst wird, sorgen zum Beispiel die beiden Mediatorinnen Christine Harsch-Schmutzer und Elvira Keller für Gespräche "ohne Scherbenhaufen". In ihrer Gaggenauer Praxis erleben die beiden durchaus Familien, die trotz Trennungsabsichten gemeinsam nach Lösungen suchen - aber eben nicht vor dem Richtertisch.

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