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Südwestpresse
Samstag, 26. Februar 2005

URTEIL / Jeweils zwölf Jahre Haft

Paar tritt Buben brutal zu Tode

Kind an zwei Leberrissen verblutet

Der Vorsitzende Richter war fassungslos. Eine Mutter und ihr Freund hatten einen zweieinhalbjährigen Buben brutal zu Tode getreten. Es gab jeweils zwölf Jahre Haft.

ERFURT Drei Monate dauerte der Indizienprozess. Gestern wurde das Urteil verkündet. Wegen gemeinschaftlichen Totschlags des zweieinhalbjährigen Jonny Lee hat das Landgericht Erfurt die Mutter und ihren Lebensgefährten zu jeweils zwölf Jahren Haft verurteilt.

Die Angeklagten hätten den Jungen an Ostern vergangenen Jahres in einem "Gewaltexzess" zu Tode getreten, hieß es in der Urteilsbegründung. Die 31-Jährige und der 38-Jährige hatten sich bis zuletzt gegenseitig der Tat beschuldigt.

Die Strafkammer ging mit dem Urteil drei Jahre über das von der Anklage geforderte Strafmaß hinaus. Die Verteidiger kündigten Revision vor dem Bundesgerichtshof an. Sie hatten Freispruch gefordert.

Der Vorsitzende Richter Holger Pröbstel zeigte sich fassungslos über die Brutalität der Tat und die augenscheinliche Ungerührtheit der Angeklagten: "So was habe ich noch nicht erlebt, und ich bin jetzt 16 Jahre Richter." Die beiden saßen mit gesenkten Köpfen neben ihren Verteidigern. Auf den Zuschauerplätzen, wo sich rund 100 Menschen drängten, wurde das Urteil mit "Ja! Ja!"-Rufen begrüßt.

Pröbstel präsentierte die beiden Schuhe, mit denen Jonny Lee zu Tode getreten worden war: einen grauen Herrenhalbschuh und einen schwarzen Damenschuh mit Pfennigabsatz. Fast 40 Trittspuren und innere Verletzungen haben Rechtsmediziner an dem Körper gezählt. Laut Gutachten verblutete Jonny Lee an zwei Leberrissen.

"Anschließend haben Sie sich seelenruhig ins Bett gelegt und ziemlich gut geschlafen", sagte Pröbstel. Erst am nächsten Morgen habe die Mutter einen Arzt gerufen.

Nach Angaben des Richters begann das tödliche "Martyrium", als der Junge wegen einer zuvor erlittenen Schulterverletzung weinte und sich nicht beruhigen ließ. "Ihm war mit Brachialgewalt der Arm aus dem Schultergelenk gedreht worden."

Der Richter kritisierte auch Jugendamt, Polizei und Nachbarn des Paares, die nicht rechtzeitig eingeschritten seien.
dpa

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