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Südwestpresse
Donnerstag, 29. Dezember 2005

KRIMINALITÄT / Die Wirklichkeit ist noch rauer

Frauen fliehen aus der Familie

Polizei registriert zunehmende Gewaltbereitschaft

Seit Wochen registriert die Polizei eine zunehmende Aggression und Gewaltbereitschaft in den Paarbeziehungen und Familien. Auslöser waren in rund zwei Drittel aller Einsätze übermäßiger Alkoholkonsum und eine dementsprechend damit verbundene Aggression seitens der männlichen Partner.

TUTTLINGEN In vielen Fällen flohen die Frauen, zum Teil mit ihren Kleinkindern, zu Verwandten, Freunden, Bekannten beziehungsweise zogen bei diesen ein, um Ruhe vor ihren alkoholkranken, unberechenbaren Männern zu haben.

Am Wochenende des 4. Advent war die Polizei in acht solcher Fälle gefordert. Über die Weihnachtsfeiertage registrierte die Polizei noch mehr Einsätze. In zwei Fällen erhielten die Frauen kräftige Schläge auf die Nase, weshalb sie sich in Kliniken begeben mussten.

Eine weitere Frau, Mutter von zwei Kleinkindern, musste sogar wegen Verdachts der Gehirnerschütterung in die Klinik eingeliefert werden, nachdem sie zuvor von ihrem betrunkenen Mann geschlagen und getreten worden war. Der Mann wurde von der Polizei zur Ausnüchterung in den Arrest eingesperrt und die kleinen Kinder von den Großeltern in Obhut genommen.

Diese Einsatzzahlen der letzten beiden Wochen zeigen aber nicht die ganze Wahrheit auf, sind eher trügerisch. Aus den Erfahrungen weiß die Polizei, dass die Frauen, darunter viele aus Spätaussiedlerkreisen und türkischen Familien, in den allermeisten Fällen, trotz zum Teil schwerer Misshandlungen zunächst auf die Hilfe von außen und allem voran, auf den Notruf bei der Polizei verzichten.

Dies zum einen aus der Hoffnung, dass sich ihre Partner vielleicht doch bessern werden, wie schon so oft von diesen versprochen und zum anderen aus einer falsch verstandenen Scham heraus. Immer erst dann, wenn die Frauen und meist zugleich auch Mütter, sich nicht mehr zu helfen wussten, keinen anderen Weg mehr sahen, Angst um ihre Kinder hatten, fanden sie den Mut sich der Polizei anzuvertrauen.

Manchmal auch aus der spät gewonnen Erkenntnis, dass sie gegen die Trunk- und Drogensucht ihres Partners, die oft die Ursache des eigentlichen Problems ist, nichts mehr ausrichten können. Im Klartext bedeutet dies, dass in den Wohnungen weit mehr Gewalt ausgeübt wird, mehr Menschen unter der Gewalt ihres Partners leiden, als dies in der Statistik der Polizei zum Ausdruck kommen könnte.

Je nach Schwere der Auseinandersetzung beziehungsweise einer konkreten Gefährdung der Betroffenen reagiert die Polizei vom eingehenden Gespräch zur Streitschlichtung bis zum Gewahrsam des Verursachers im Polizeiarrest oder den Platzverweis.

Für den Mann bedeutet dies, dass er von der Polizei auf der Stelle und bis zum Entscheid der Ordnungsbehörde aus dem Haus gewiesen wird. Unabhängig davon leitet die Polizei noch zudem gegen die rabiaten Männer Ermittlungsverfahren ein, wenn sie eine schwerwiegende Körperverletzung festgestellt hat oder wenn die Geschädigten Anzeige wegen Körperverletzungen, Bedrohungen oder Sachbeschädigungen, zum Beispiel, wenn Teile des Hausstandes demoliert worden sind, erstattet haben.
(eb)

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