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Südwestpresse
Mittwoch, 12. Januar 2005


VATERSCHAFT / BGH verhandelt heute darüber, ob private Gen-Analysen als Beweis verwertbar sind

Viele Juristen für Verbot heimlicher Tests

Der Bundesgerichtshof prüft die Verwertbarkeit heimlicher Vaterschaftstests vor Gericht. Ob sie künftig verboten werden sollen, ist derzeit sehr umstritten.

WOLFGANG JANISCH, dpa
KARLSRUHE Das Aufziehen eines Kindes kostet locker einen sechsstelligen Betrag. Einen Vaterschaftstest gibt es schon ab 200 Euro. Wer also Zweifel hat, ob der Nachwuchs auch sein eigener ist, kommt leicht in Versuchung, einen Test zu machen. Vor diesem Hintergrund spielt sich die derzeit heftig geführte Diskussion über heimliche Vaterschaftstests ab. Ein ausgerissenes Haar oder ein weggeworfener Kaugummi genügen, um dem angeblichen Vater Gewissheit zu verschaffen. Dabei berührt das von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) angestrebte strafrechtliche Verbot ein schwieriges Rechtsthema.

Heute verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) über zwei Fälle, bei denen die Vorinstanzen - die Oberlandesgerichte (OLG) Celle und Jena - die Zulassung der Tests im Prozess abgelehnt hatten. In dem Jenaer Verfahren hatte der vermeintliche Vater festgestellt, dass der damals 15-jährige Junge ihm nicht ähnlich sah. Dem Labor genügte eine Haarwurzel, um ihn als Vater auszuschließen. Dem OLG reichte das nicht: Zwar habe der Mann ein "berechtigtes Interesse auf Kenntnis seiner Vaterschaft". Stärker sei aber das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, die Befugnis, über die Verwendung der sensiblen Gen-Daten zu bestimmen. Heimliche Tests ohne Zustimmung der Mutter seien als Beweis nicht verwertbar.

Das dürfte der BGH kaum anders sehen. Denkbar ist allenfalls, dass er die Voraussetzungen für gerichtlich angeordnete Abstammungsgutachten erleichtert. Bisher lassen die Gerichte einen bloßen Verdacht dafür nicht gelten: Der zweifelnde Vater muss mehr aufbieten als den vagen Hinweis, das Kind habe doch ganz andere Ohren als er selbst. Kann er jedoch belegen, dass die Mutter in der fraglichen Zeit auch mit einem anderen Mann intim war, dann wird das Gericht einen Gutachter zu Rate ziehen.

Ob daneben heimliche Tests gesetzlich verboten werden sollten, darüber streiten zurzeit die Politiker heftig. Unter den juristischen Experten gibt es viele Befürworter, zum Beispiel den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar: "Genetische Daten sind besonders schutzwürdig", sagt er. Sie zu erheben sei nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig, andernfalls drohe ein "nicht mehr kontrollierbarer Dammbruch": Auch Gerd Brudermüller, Vorsitzender des Deutschen Familiengerichtstags, favorisiert aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes ein Verbot. Allerdings hält er es für unnötig, mit der Keule des Strafrechts zuzuschlagen. Eine verfahrensrechtliche Regel, nach der heimliche Tests im Prozess nicht verwertbar sind, sei ausreichend. Ebenso sieht es die Familienrechtsexpertin im Deutschen Anwaltverein, Ingeborg Rakete-Dombek.

Alleinerziehende wiederum sprechen sich für einen Vaterschaftstest direkt nach der Geburt ihres Kindes aus. Für Alleinstehende sei es äußerst wichtig, dass die Vaterschaft frühzeitig geklärt werde, betont die Vorsitzende des Vereins "Umstaendehalber", Gabriele Degelmann. Nur so ließen sich finanzielle Versorgungsansprüche sichern.

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