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08. Oktober 2004

Leserbrief zu "Kinder bekommen Vorrang beim geänderten Unterhaltsrecht", Schwabo vom 8.10.2004, Seite: "Hintergrund"

So löblich und notwendig es auch ist, Kindern im Unterhaltsrecht den Vorrang vor dem geschiedenen Expartner einzuräumen. Ich fürchte nur, dass dies nicht der Hauptgrund für diese geplante Gesetzesnovelle ist. Vielmehr bin ich überzeugt davon, dass es primär darum geht, die Kassen der Sozialämter zu entlasten. Denn über 80 Prozent der unterhaltspflichtigen Väter und Mütter sind finanziell nicht in der Lage, Unterhalt für zwei oder mehr Kinder zuzüglich Ehegattenunterhalt zu leisten. Hier springen dann oftmals die Sozialämter mit Unterhaltsvorschuss und weiteren Zuschüssen ein. Die "Zahler" - obwohl sie den für sie maximal möglichen Unterhalt tatsächlich leisten - fallen in den Statistiken dann fälschlicherweise unter die Unterhaltsverweigerer.

Was nur die wenigsten wissen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes belief sich 2003 das durchschnittliche Monatseinkommen eines männlichen Arbeiters im produzierenden Gewerbe auf brutto 2.550,65 Euro pro Monat. War dieser Arbeiter verheiratet und hatte zwei Kinder, dann musste er von diesem Einkommen 192,83 Euro an Steuern (Lohnsteuerklasse III) und 543,29 Euro an Sozialabgaben abführen. Seiner Familie standen damit inklusive Kindergeld 2022,53 Euro monatlich zur Verfügung.

Kam es zur Scheidung, dann galt für diesen Arbeiter nicht mehr die Lohnsteuerklasse III, sondern die weitaus ungünstigere Klasse I. Statt 192,83 Euro behielt Vater Staat nun 465,66 Euro von seinem Lohn ein! Zudem musste er nun auch noch einen Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer entrichten.

Von diesem deutlich gesunkenen Nettoeinkommen ging noch der Unterhalt für die gemeinsamen Kinder und ggf. für die Ex-Frau ab. In der Regel verblieb diesem Vater nur noch der Selbstbehalt von 840 Euro monatlich.

Man vergegenwärtige sich: Es handelt sich vor und nach der Scheidung um dieselbe Familie. Nach der Trennung hat sie aber zwei Haushalte, den der Mutter und den des Vaters, zu versorgen. Dennoch sinkt das Familieneinkommen gewaltig (auf 73,4 Prozent).

Das Mehr an Lohnsteuer streicht der Bund ein. Für die notwendigen Sozialhilfeaufwendungen für die allein erziehende Mutter muss aber die Kommune aufkommen!

Wie dem auch sei, die Novelle, so sie denn auch von den Familiengerichten umgesetzt würde, käme vor allem den Kindern zu gute. Und ich habe die Hoffnung, dass sie auch dazu beitragen würde, die ständig steigenden Scheidungsraten wieder zu senken. Denn ein Anreiz für so manchen Scheidungswilligen fällt dann weg: die Garantie auf eine lebenslange Versorgung auf Kosten des Expartners ohne selbst einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu müssen.

Jürgen Griese, Villingen-Schwenningen

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